Kreis der Freunde um Hans Kayser, Mitteilungen Nr. 53, Nov. 2004

Die Signatur der Sphären – Von der Ordnung im Sonnensystem

Dass ein überaus gehalt- und anspruchsvolles Werk, in welchem den Gesetz- und Regelmässigkeiten im Makrokosmos nachgeforscht und die gewonnenen Erkenntnisse mit Kosmogonien und Kosmologien ebenso in Bezug gesetzt werden wie mit einfachen Klangintervallen und elementaren geometrischen Formen, bereits im dritten Jahr nach der Veröffentlichung ein zweites Mal aufgelegt werden kann, ist ebenso erfreulich wie erstaunlich: Erstaunlich ist dieser Erfolg angesichts von über vierhundert Textseiten des Bandes mit zahlreichen Berechnungen, Formeln und Tabellen, mit Registern, Verzeichnissen und einem Glossar; zwar setzt der Autor bei den Leserinnen und Lesern keine “spezielle Vorbildung” voraus und bemüht sich um Verständlichkeit, stellt aber dennoch hohe Ansprüche an Vorstellungsvermögen und Lesegeduld. Wer nun aber diese Geduld und jenes Vermögen aufbringt, wird durch eine weit gespannte Fülle von Hinweisen, Gedanken und Einsichten belohnt, welche die Ordnung des Universums ebenso betreffen wie die “Signatur der Sphären”.

Dass die gleichermassen umfassende wie umfangreiche Schrift jetzt in zweiter, erweiterter Auflage erscheint, ist aber nicht nur erstaunlich, sondern vor allem auch erfreulich: Mit wissenschaftlicher Sorgfalt werden hier grundlegende Fragen zur Entstehung und zu den Gesetzen des Kosmos angesprochen, soweit sie sich aufgrund der gegenwärtigen astronomischen Forschungslage erörtern lassen; es geht also um die philosophische Dimension der Astronomie, wie sie bereits von Immanuel Kant im Hinblick auf die Gesetze des gestirnten Himmels und jene der menschlichen Erfahrung wegweisend formuliert worden ist. Erfreulich ist das Erscheinen der zweiten Auflage des Buches von Hartmut Warm schliesslich auch, weil er zwar durchaus Bezüge zu verschiedenen älteren Konzepten und neueren Theorien herstellt, dabei aber jede Einseitigkeit oder Vereinnahmung vermeidet. So nimmt der Verfasser etwa an zwei Stellen auf Hans Kaysers “Akróasis” kurz Bezug, verzichtet aber auf eine weitgehende Auseinandersetzung mit pythagoräischer Harmonik; oder Hinweise auf den goldenen Schnitt finden sich wiederum an verschiedenen Orten, ohne dass auf dessen Bedeutung für Kunst und Architektur näher eingegangen wird. Anders gesagt versteht es der Autor, Zusammenhänge anzusprechen und auf Bezüge hinzuweisen, bleibt dabei aber stets dem eigenen Interesse verpflichtet, welches darin besteht, die ebenso faszinierende wie geheimnisvolle Ordnung des Kosmos aufzuzeigen, mathematisch nachzuweisen und in Verbindung mit ihren musikalischen und geometrischen Entsprechungen darzustellen: Ein anspruchsvolles Unterfangen, aus dem ein gehaltvolles Werk entstanden ist, welches nun bereits in zweiter Auflage erscheint – erstaunlicher- und erfreulicherweise!

Dr. Johannes Gruntz-Stoll
in Mitteilungen des Kreises der Freunde um Hans Kayser, Nr. 53, Nov. 2004